Völkische Ökologie

Über die Bedeutung von Umwelt und Natur für die extreme Rechte

Der Natur- und Umweltschutz wird in der Öffentlichkeit zumeist als eine junge Bewegung wahrgenommen und zudem mit alternativen Lebensstilen, liberalen Werten und linkspolitischen Strömungen verknüpft.

Die mehr als 100-jährige Geschichte des deutschen Naturschutzes, die immer wieder auch Verknüpfungen und Überschneidungen mit nationalistischen und völkischen Ideologien aufweist, ist kaum jemandem präsent. Angefangen mit der sogenannten „Heimatschutzbewegung“ Ende des 19. Jahrhunderts über die naturnahe Lebensreformbewegung bis in den Nationalsozialismus waren Ideen vom Schutz der Natur und Umwelt eng mit dem Schutz des „deutschen Volkes“ verbunden.

Quelle FARN

Es wurden und werden Annahmen aus der Biologie auf Menschen und menschliche Gesellschaften übertragen. Das nennt sich dann Biologismus und findet zum Beispiel seinen Ausdruck in migrationsfeindlichen Argumentationen: Demnach haben Menschengruppen genau wie Tierarten festgelegte Habitate und sind Teil eines starren Ökosystems, das durch Veränderungen geschädigt wird. Die Schlussfolgerung der extremen Rechten daraus ist es, dass alle Menschen in ihren Herkunftsländern bleiben sollen, um nicht die Umwelt und Kultur an anderen Orten zu schädigen. Sie nennen dieses Konzept „Ethnopluralismus“1.

Extrem rechte Einzelpersonen und Gruppierungen engagieren sich auf viele Weisen im Natur- und Umweltschutz. Sie wehren sich gegen Gentechnik und Atomenergie. Wir begegnen ihnen auf Demonstrationen gegen Freihandelsabkommen und gegen eine ausbeuterische industrialisierte Landwirtschaft. Auch der Schutz von Tieren liegt ihnen am Herzen – insbesondere, wenn es um religiös bedingte Schlachtmethoden von Menschen muslimischen oder jüdischen Glaubens geht.

National vs. global

Die Grenzen zwischen den politischen Lagern scheinen zu verschwimmen. Tatsächlich decken sich viele Forderungen der grünen Braunen mit denen von (Jugend-) Umweltverbänden und Naturschutzorganisationen. Genau dort besteht eine Gefahr für unsere Gesellschaft. Mithilfe ökologischer Themen können Rechtsextreme ihre menschenverachtenden Positionen in die Mitte der Gesellschaft bringen und normalisieren. Wichtig ist dabei zu verstehen, dass diese Themen nicht nur als Deckmantel genutzt werden, sondern dass sich Rechtsextreme wirklich um die Natur und teilweise auch die Umwelt sorgen. Nur ist dieser Naturschutz völkisch und antidemokratisch ausgerichtet und eine globale Perspektive des Umweltschutzes spielt keine Rolle.

So wird beispielsweise durch alle extrem rechten Gruppierungen und Parteien der menschengemachte Klimawandel geleugnet, sich aber trotzdem mit Protesten wie denen für den Erhalt des Hambacher Waldes solidarisiert. Denn es geht schließlich um den Erhalt eines „deutschen Waldes“, der für die extreme Rechte eine besondere identitätsstiftende Funktion hat. Liest man sich durch die rechte Medienlandschaft, begegnen einem Formulierungen von der „deutschen Waldseele“, die für ihr Wohlbefinden so oft wie möglich von Bäumen umgeben sein und den multikulturellen Städten entfliehen müsse. Menschen aus dem globalen Süden könnten dieses Gefühl überhaupt nicht nachvollziehen, da ihnen die Verbindung zum hiesigen Boden fehlen würde und deshalb lebten sie auch in Städten.

Ganz in diesem urbanitätskritischen Sinne wirbt das rechtsextreme Netzwerk „Ein Prozent für unser Land“ auf seiner Webseite für eine „patriotische Raumnahme“ und sucht nach nationalistischen Landwirt*innen und Handwerker*innen, die strukturschwache Regionen stärken und nach einem völkischen Prinzip wiederbeleben sollen. Da geht es auch um „die Umstrukturierung des gesellschaftlichen Zusammenlebens und die endgültige Abkehr vom Wirtschaftswachstum“. Letzteres könnte so auch in linksorientierten Postwachstumskreisen geschrieben worden sein.

Möglichkeiten der Abgrenzung

Wie sollte man sich also bei gleichen Forderungen verhalten? Aus emanzipatorischer und demokratischer Sicht muss grundsätzlich eine Zusammenarbeit mit rechtsextremen Einzelpersonen und Gruppen in Bündnissen, Initiativen oder Vereinen ausgeschlossen werden. Das kann durch eine einfache Erweiterung der Satzung oder des Aktionskonsenses um ein Bekenntnis zur Weltoffenheit und Toleranz sowie die Möglichkeit des Ausschlusses bei rassistischen Äußerungen geschehen. Auch wenn man sich sonst in allem einig sein sollte, sorgt die Akzeptanz Rechtsextremer für eine Normalisierung ihrer Positionen.

Im Kontext der Jugendbildungsarbeit auf Freizeiten oder ähnlichem lohnt es sich, einen respektvollen Umgang mit der Natur ebenso wie mit den Menschen zu fördern und nicht gegeneinander zu stellen. So lassen sich biologistische Denkmuster frühzeitig vermeiden und die Anschlussfähigkeit für die extreme Rechte eindämmen.

Yannick Passeick, Bildungsreferent bei FARN

FARN ist ein gemeinsames Projekt der NaturFreunde Deutschlands und der Naturfreundejugend Deutschlands und untersucht die historischen und aktuellen Verknüpfungen des deutschen Natur- und Umweltschutzes mit extrem rechten und völkischen Strömungen und bietet Information, Beratung und Qualifikation.

FARN wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ gefördert. [Förderlogo]

Mehr Infos unter www.nf-farn.de

  1. Ethnopluralismus wird in Deutschland insbesondere von der Identitären Bewegung vertreten. Mehr zu der Identitären Bewegung findet ihr in der letzten AJ zu Rechtspopulismus.