„Steuergelder für den Sozialismus und Kommunismus?“

Angriffe der AfD aus den Parlamenten gegen die SJD-Die Falken.

Parlamentarische Anfragen der AFD. Foto: Steffen Göths

Seit den Landtagswahlen im Herbst 2018 befindet sich die AfD in allen bundesdeutschen Landtagen. Ihre parlamentarische Vertretung reicht darüber hinaus von kommunalen Gremien bis zum Bundestag und ins Europaparlament. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten hat es die Partei nunmehr verstanden, ihre Rolle in den Parlamentsstrukturen zu finden. Neben den klassischen Mitteln der Oppositionsarbeit, wie kleinen Anfragen oder Anträgen, verstehen es die Abgeordneten der AfD unter anderem durch Öffentlichkeitsarbeit, geschickte Inszenierung ihrer Opferrolle oder Relativierungen aufzufallen. Zuletzt zeigte sich dies im Kontext der Jugendverbandsarbeit beim Projekt zur U18 Wahl des Deutschen Bundesjugendrings. Der Tagesspiegel berichtete vom Vorwurf der AfD, bei der U18-Bundestagswahl 2017 an Berliner Schulen nicht berücksichtigt worden zu sein. Eine schlichtweg falsche Behauptung. Die AfD wurde damals aufgefordert, Material einzureichen und hatte dies einfach versäumt. Das Beispiel zeigt: Die AfD teilt gerne gegenüber politischen Gegner*innen aus, gesteht aber eigene Fehler nicht ein.

Jugendverbandsverständnis der AfD

Greift die AfD in ihrer Argumentation die Tätigkeiten und Themen von Kindern und Jugendlichen auf, so herrscht prinzipiell ein starkes Misstrauen und eine paternalistische Haltung gegenüber selbstbestimmtem Verhalten von Kindern und Jugendlichen. Dies gilt insbesondere auch für die Jugendverbandsarbeit. Dabei wird vor allem die Beteiligung junger Menschen an politischen Entscheidungen als ausreichend betrachtet beziehungsweise abgelehnt, da zu jung, um mitzubestimmen. Dennoch: Jugendverbände sind per se für die AfD nichts negatives, sofern diese einen kollektiven Nutzen bringen. Insbesondere helfende Verbände, wie die THW-Jugend, Jugendrotkreuz oder die Feuerwehrjugend werden dabei als positives Beispiel hervorgehoben. Die AfD versucht seit längerem genau mit dieser Argumentation einen Keil zwischen die Jugendverbände zu treiben, in dem sie zwischen der „guten, helfenden Jugendverbandsarbeit“ und den vermeintlich linksextremen Gruppen unterscheidet. Wobei immer noch im Großteil der parlamentarischen Anfragen und Anträge in den letzten Jahren die gesamte Jugendverbands- und Jugendringarbeit, meist mit starkem Unwissen, angegriffen wurde. Aus Sicht der AfD werden Kinder und Jugendliche durch Jugendverbände und -ringe von links indoktriniert und manipuliert, quasi „Staatsbürgerkunde-2.0-geschulte Antifa-Jugendliche“. Jugendverbände werden darüber hinaus nicht als freie Träger gesehen, sondern durch den Empfang staatlicher Mittel als Teil staatlicher Tätigkeit eingeordnet. Zunehmend wird diese Argumentation genutzt, um auf die staatliche Neutralität der Jugendverbandsarbeit und das so genannte Neutralitätsgebot hinzuweisen. Eine Behauptung, die so nicht stimmt. Die Jugendverbandsarbeit ist freier Träger der politischen Bildung. Zu ihrer Aufgabe gehört daher insbesondere die Auseinandersetzung mit den verschiedenen gesellschaftlichen Diskursen entsprechend des eigenen Werteprofils. Ein politisches Neutralitätsgebot greift somit in die gewollte und gesetzlich verankerte Pluralität der Jugendverbandsarbeit ein und bricht mit dessen Grundlagen. Der Deutsche Bundesjugendring hat sich dementsprechend mit dem Positionspapier zu „Politische Bildung stärken und schützen“ gegen die Vereinnahmung und Diffamierung der Jugendverbände mit Hilfe des „Neutralitätsgebots“ geäußert.

„Linksextremistische Netzwerke“. Falken im Visier der AfD

Vor diesem Hintergrund ist auch das Agieren der AfD gegen die SJD – Die Falken zu verstehen. Gemeinsam mit den Partner*innen aus Gewerkschaftsstrukturen, anderen linken Jugendorganisationen, den Jusos oder Antifa-Strukturen werden die Falken mit dem Label „Linksextrem“ versehen. Als solche müsse diesen Organisationen, laut AfD, die Förderungen entzogen werden. Im Mittelpunkt steht das „antidemokratische Verhalten“ und die vermeintliche Argumentation der staatlichen Neutralität. So wurden Demotrainings der Falken zum G20 Gipfel in Brandenburg öffentlich angegriffen, die Kampagne in Rheinland-Pfalz mit dem Titel „Nein zu Deutschland. Unsere Alternative heißt Sozialismus“ hinterfragt oder in Hannover forderte die AfD neulich im Jugendhilfeausschuss die Ablehnung der Förderung, da bei den Falken angeblich nachweislich kriminelle Jugendliche die Einrichtung besuchen würden. Auch die Arbeit der Jugendbildungsstätte „Kurt Löwenstein“ wird von der AfD Brandenburg und Berlin in Frage gestellt.

Haltung zeigen und Bündnisse schließen

Je häufiger die AfD Verwaltung, Öffentlichkeit und andere politische Akteure mit ihren Themen und den Angriffen gegen Jugendverbände und besonders die Falken beansprucht, desto mehr werden Förderung und Tätigkeiten hinterfragt. In Rheinland-Pfalz beispielsweise, geht die CDU Hand in Hand mit der AfD gegen die Falken vor. Im Kampf gegen die AfD in den Parlamenten und in der Öffentlichkeit ist eine starke Haltung und Solidarität daher notwendiger als je zuvor. Jeder Angriff gegen die Falken ist ein Angriff gegen die Jugendverbandsarbeit und damit gegen die Zivilgesellschaft. Umso wichtiger ist es, dass die zivilgesellschaftlichen Akteure zusammenhalten. Konkret heißt das auch, dass vor Ort in den Jugendringen oder auch linken Strukturen geschlossen gegen die Angriffe der AfD vorgegangen werden muss. Es bedeutet aber auch, dass die Falken und andere Jugendverbände sich in ihrer täglichen Arbeit nicht beeinflussen lassen, offen für die eigenen Inhalte streiten und aufgrund von Drohungen, die den Entzug von Förderungen vorsehen, ihre Arbeit nicht einstellen. Wenngleich nicht auszuschließen ist, dass auch zukünftig Ressourcen beim Umgang mit parlamentarischen Aktivitäten der AfD gegen die eigene Jugendverbandsarbeit aufgebracht und an der einen oder anderen Stelle Handlungsleitfäden entwickelt werden müssen, die sensibler und präventiv auf das Vorgehen der AfD reagieren. Bei der Beschäftigung mit der AfD und ihren Anfragen und Anträgen in den Parlamenten sollte nicht vergessen werden: Eine dahingehend notwendige und ständige Auseinandersetzung bindet immer wieder Zeit und Ressourcen in den Jugendverbänden. Daher muss vor allem eines weiterhin im Mittelpunkt stehen: Haltung zeigen im Kampf gegen Rechtspopulismus und weitermachen wie bisher.

Ludwig Weigel, KV Köln

Literaturempfehlungen:

Butterwegge, Christoph und Hentges, Gudrun (2018): Rechtspopulisten im Parlament: Polemik, Agitation und Propaganda der AfD

Hafeneger, Bruno et. al (2018): AfD in Parlamenten: Themen, Strategien, Akteure

Parlamentarische Anfragen (Auswahl):

Landtag Brandenburg: Kleine Anfrage 3675 der Abgeordneten Thomas Jung (AfD-Fraktion) und Sven Schröder (AfD-Fraktion) an die Landesregierung:  Finanzielle Förderung der Jugendbildungsstätte „Kurt Löwenstein“, der Bildungs- und Begegnungsstätte „Luise & Karl Kautsky Haus“ und der Organisation „SJD-Die Falken“, Drs. 6/9047

Abgeordnetenhaus Berlin: Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marc Vallendar (AfD) vom 20. November 2017 zum Thema: Steuergelder für den Sozialismus und Kommunismus – Sozialistische Jugend „die Falken“ e.V., Drs. 18/12734

Landtag Rheinland-Pfalz: Kleine Anfrage des Abgeordneten Joachim Paul (AfD): Förderung antidemokratischer Strukturen durch den Landesjugendring (LJR) – Rückfrage zu Drucksache 17/3539, Drs. 17/3790

Landtag Rheinland-Pfalz: Kleine Anfrage des Abgeordneten Joachim Paul (AfD): Förderung antidemokratischer Strukturen durch den Landesjugendring (LJR), Drs. 17/3539,

Abgeordnetenhaus Berlin: Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thorsten Weiß (AfD) vom 22. August 2017 zum Thema: Linksextremistische Netzwerke in Berlin, Drs. 18/12127

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg: Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 15.03.18 und Antwort des Senats, Betr.: Förderung der Hamburger Jugendverbandsarbeit, Drs. 21/12367

Landtag Nordrhein-Westfalen: Große Anfrage 3 der Fraktion der AfD: Linksextremismus in NRW strukturell erfassen und effektiv bekämpfen, Drs. 17/1610