Alles nicht so schlimm? Warum der Begriff Rechtspopulismus eigentlich eine Verharmlosung ist

Immer, wenn von der AfD, ihren Abgeordneten oder ähnlich aufgestellten Parteien in Deutschland oder woanders die Rede ist, wird in den meisten Medien der Begriff rechtspopulistisch verwendet. Damit soll nicht nur eine inhaltliche Beschreibung der Parteien oder Personen getroffen werden, sondern auch eine Abgrenzung zu Akteur*innen, die als “rechtsextrem” benannt wurden, wie zum Beispiel zur NPD. Doch was bedeutet eigentlich Rechtspopulismus?

Populismus – Strategie und Ideologie zugleich

Zuerst muss man sich anschauen, was Populismus eigentlich sein soll. Häufig hören wir, dass Positionen als populistisch bezeichnet werden, wenn sie sehr platt oder plakativ klingen. Aber politische Forderungen vereinfacht oder leicht verständlich zu formulieren ist noch nicht populistisch, auch wenn sich die entsprechenden Parteien gerne dieser Strategien bedienen.

Populismus ist nicht nur eine Strategie, die auf eine größtmögliche Anschlussfähigkeit eigener Positionen zielt, sondern sie beruht auf einer ideologischen Annahme über Menschen. Für Populist*innen gibt es nicht nur ein einheitliches Volk, sondern auch eine ebenso einheitliche Volksmeinung, die man einfach nur in Politik umsetzen muss. Widersprüche zu und Abweichungen von dieser Meinung kann es demzufolge nur bei denen geben, die entweder nicht zum Volk dazu gehören oder dieses verraten.

Auf dieser Basis argumentieren Populist*innen, dass ihre Forderungen der Meinung des Volkes entsprächen und sie allein diese Meinung verträten. So funktioniert dann auch die Legitimation von mitunter menschenverachtenden Positionen, denn was das Volk will, kann ja gar nicht falsch sein. In dieser Vorstellung von Demokratie als Diktatur der angeblichen Mehrheit gibt es keinen Minderheitenschutz und keine Kontroverse. Dass die Gesellschaft, in der wir leben, von Macht- und Interessenkonflikten geprägt ist, taucht in dieser Wahrnehmung natürlich nicht auf.

Rechte Ideologien populär verpackt

Offensichtlich sind Rechtspopulismus und Rechtsradikalismus keine Abstufungen auf einer Skala rechten Gedankenguts. Vielmehr gehen sie Hand in Hand. Denn Vorstellungen eines einheitlichen Volks, aus dem Menschen ausgeschlossen werden müssen, da sie “anders” seien, sind Teil des Kerns rechter Weltbilder. Dennoch wird der Begriff häufig als eine Abschwächung verstanden. Dies ermöglicht es, dass Rechtspopulismus als Mittel genutzt wird, um rechtsradikale Positionen gesellschaftlich zu verbreiten und dabei etwas harmloser zu wirken.

Mittlerweile bröckelt die Fassade aber. Dafür haben insbesondere prominente Mitglieder der AfD gesorgt, die sich offen rassistisch, geschichtsrevisionistisch, homophob oder anderweitig menschenverachtend geäußert haben. Durch interne Ordnungsmaßnahmen und Distanzierungen versuchen Teile der Partei zwar, den Schein zu wahren, gleichzeitig stellen die Vertreter*innen einer offen radikalen Positionierung inzwischen die Mehrheit. Die Einordnung der Partei als Prüffall, in einzelnen Parteigliederungen auch als Verdachtsfall, durch den Verfassungsschutz ist eine Auswirkung dieser Entwicklung.

Kann es linken Populismus geben?

Momentan gibt es auch Debatten über die Möglichkeiten oder sogar die Notwendigkeit eines Populismus von links. Befürworter*innen formulieren dabei meist Kritik an vielen linken Forderungen und Veröffentlichungen, die zu verkopft und zu kompliziert wirken, während Rechte durch einfache und klare Wortwahl mehr Menschen erreichten.

An dieser Position sind mehrere Dinge problematisch: So wird davon ausgegangen, dass die meisten Menschen ihre politische Position nur nach der Form der Forderungen, aber nicht nach ihrem Inhalt wählen. Dass man eine Forderung inhaltlich versteht, heißt noch lange nicht, dass man sie auch für richtig hält.

Ansonsten kann man gerne (und mitunter zurecht) feststellen, dass es Veröffentlichungen in der Linken gibt, die nicht leicht zugänglich sind. Das kann ein Problem darstellen, aber die Lösung kann nicht lauten, sich populistische Annahmen über die Gesellschaft zu eigen zu machen und davon auszugehen, dass wir aus den Massen lesen könnten wie aus einem Buch. Es fehlen uns nicht (nur) die knalligen Slogans, sondern es fehlt viel mehr am Wissen um die Beschaffenheit dieser Gesellschaft

Für die Linke kann die Lösung nur sein, Bedingungen zu schaffen, in denen Menschen sich gemeinsam Texte und Analysen erschließen können, um dann zusammen Forderungen an eine andere Gesellschaft zu formulieren und gemeinsam eine politische Praxis zur Veränderung dieser Gesellschaft zu entwickeln.

Steffen Göths, LV Brandenburg