Rezension: Mädelsache von Andrea Röpke und Andreas Speit

Bild: Ch. Links Verlag

„Nationalismus ist auch Mädelsache“ heißt es in der rechten Szene und dennoch werden rechte Mädchen und Frauen öffentlich selten wahrgenommen, gelten häufig als weniger radikal und militant und werden oft zu Mitläuferinnen und zum Anhang männlicher Rechter degradiert. Mit diesen fehlerhaften Einschätzungen setzen sich die Wissenschaftler*innen und Journalist*innen Andrea Röpke und Andreas Speit in „Mädelsache. Frauen in der Neonazi-Szene“ auseinander. Sie nehmen den Prozessauftakt gegen Beate Zschäpe 2013 zum Anlass, das bereits 2011 erschienene Buch aktualisiert zu veröffentlichen.

Sie beschreiben verschiedene neonazistische Milieus, angefangen bei NPD und ihrem Ring Nationaler Frauen über die militant und aktionistisch auftretenden „Mädelgruppen“ der Kameradschaftsszene hin zur Beteiligung von Frauen an völkischen Siedlungsprojekten im ländlichen Raum. Es gibt dabei keinen klassischen Prototyp der rechten Aktivistin: So verschieden diese Milieus sind, so unterschiedlich sind die Aktivitäten rechter Frauen. Röpke und Speit schildern Konflikte in der Szene, die sich daran entzünden, wie politische Aktivitäten mit dem propagierten Rollenbild der Hausfrau und Mutter zusammen denkbar wären.

Die Autor*innen zeigen sehr anschaulich, dass sich die rechte Szene über die gesellschaftliche Wahrnehmung von Frauen bewusst ist. Dass ihnen weniger Radikalität und Gewaltbereitschaft zugeschrieben wird, wird genutzt, um Anschluss an zivilgesellschaftliche, vorpolitische Räume zu gewinnen. Ob das Engagement im Elternbeirat oder Schwimmverein, die Organisation von Kinderfesten oder die Berufswahl in der Kinder- und Jugendhilfe – es wird versucht, Kinder und Jugendliche sowie Eltern über den persönlichen Kontakt für rechte Ideologien empfänglich zu machen.

Da die aktuelle Fassung 2014 erschienen ist, gibt es leider noch keine Aussagen dazu, wie sich die beschriebenen Netzwerke und Strukturen im Kontext der sogenannten Neuen Rechten weiterentwickelt haben. Hier wäre eine erneute Neuauflage wünschenswert. Das gilt vor allem für das Kapitel zu Erfahrungen aus der Praxis im Umgang mit Frauen, deren menschenverachtendes Weltbild sich erst nach Aufnahme in Vereine oder Beschäftigungsverhältnisse offenbart hat.